Begriff der „Türnische“ bei der Wohnflächenberechnung
Die Mieterin war der Auffassung, dass Türnischen nicht als Wohnfläche zählen und daher nicht bei der Wohnflächenberechnung berücksichtigt werden dürfen. Der Bundesgerichtshof gab der Mieterin recht.
Urteil vom 27. September 2023 – VIII ZR 117/22
Die Mieterin bezog im November 2013 eine Wohnung, die gemäß Mietvertrag über eine Wohnfläche von 48 Quadratmeter verfügen sollte. Die Kaltmiete lag zunächst bei 440 Euro. Nach einem von ihr veranlassten Wohnungsaufmaß kürzte die Mieterin ab Mai 2014 die Miete. Nach ihrer Überzeugung war die Wohnung mehr als zehn Prozent kleiner als im Mietvertrag angegeben, sodass ihr nach der Rechtsprechung ein Kürzungsrecht zustehe.
Der Vermieter sah dies anders und kündigte das Mietverhältnis aufgrund eines aus seiner Sicht bestehenden Mietrückstands. Er verklagte die Mieterin auf Räumung. Der gerichtliche Sachverständige ermittelte eine Wohnfläche von 43,38 Quadratmeter einschließlich von zwei Durchgängen zwischen dem Wohn- und Schlafzimmer, die jeweils 0,1 Quadratmeter maßen. Die Mieterin war der Auffassung, dass es sich hier um Türnischen handele, die nicht als Wohnfläche zählten und daher nicht hätten berücksichtigt werden dürfen. Die Vorinstanzen erkannten jedoch keine Voraussetzung für eine Mietminderung aufgrund einer Flächenabweichung von mehr als zehn Prozent an, da sich in den beiden Durchgängen niemals eine Tür befunden habe und diese Flächen daher mit zu berechnen seien.
Der BGH hingegen gab der Mieterin recht. Gemäß der Wohnflächenverordnung sei eine Türnische „eine nicht allzu große Öffnung in einer Wand, die das Durchgehen ermöglicht“. Es käme nicht darauf an, ob eine Tür oder ein Türrahmen eingebaut ist oder die Wandöffnung zu Wohnzwecken genutzt werden kann. Die Richter wiesen jedoch darauf hin, dass eine „Türnische“ nicht deutlich breiter oder höher als eine Tür sein dürfe. Anderenfalls handele es sich um einen Wanddurchbruch, der bei einer Wohnflächenberechnung zu berücksichtigen sei. Das Landgericht habe daher in einem erneuten Verfahren zu klären, ob die beiden Durchgänge die Kriterien für eine Türnische erfüllten.
Kommentar: Der BGH musste sich auf den ersten Blick mit einer lediglich „kleinen“ Angelegenheit auseinandersetzen, die jedoch erkennbar von Bedeutung war. Eine Wohnflächenabweichung von unter zehn Prozent hätte für die Mieterin bedeutet, dass ein Mangel der Mietsache nicht vorgelegen und für Rückforderungsansprüche kein Raum bestanden hätte. Zudem wäre unter Umständen der Räumungsanspruch der Vermieterseite begründet gewesen. Daher ist vorab jeweils die Beauftragung eines Fachaufmaßes jedenfalls in den Fällen zu empfehlen, in denen die Flächenabweichung erkennbar knapp um zehn Prozent vorliegt.