#Urteile
12.02.2018

Besondere Anforderungen an eine Verwertungskündigung

Ein Vermieter plante sein Gebäude zugunsten einer Erweiterung des benachbarten Modehauses abzureißen und kündigte seinen Mietern.  Der Bundesgerichtshof hielt die Kündigungen für unwirksam.

Urteil vom 27. September 2017 – VIII ZR 243/16 

Die beklagten Mieter bewohnen eine 7-Zimmer-Wohnung. Im Jahr 2015 erwarb ein Geschäftsmann das Haus und kündigte den Mietern mit der Begründung, dieses abreißen zu wollen, um an gleicher Stelle Gewerberäume einzurichten. Diese sollten zur Erweiterung des Möbelhauses auf dem ihm ebenso gehörenden Nachbargrundstück dienen, das von einer Gesellschaft betrieben wird und deren Geschäftsführer der Vermieter selbst ist. 

Die Vorinstanzen hatten die Mieter auf Räumung verurteilt. Der Vermieter sei auf langfristig gesicherte Mieteinnahmen durch die Erweiterung der Gewerbefläche angewiesen, die hierdurch ermöglicht würden. Der Bundesgerichtshof hielt hingegen die Kündigungen für unwirksam. Der geplante Abriss des Gebäudes zugunsten einer Erweiterung des benachbarten Modehauses sei zwar von vernünftigen Erwägungen getragen. Voraussetzung sei jedoch, dass dem Vermieter anderenfalls ein „erheblicher Nachteil“ entstehen würde. Hierbei hätten die Gerichte jedoch stets zu beachten, dass nicht nur die Rechtsposition des Vermieters, sondern auch das Besitzrecht des Mieters von der im Grundgesetz geregelten Eigentumsgarantie geschützt sei. Daher gewähre das Eigentum keinen uneingeschränkten Anspruch auf die Einräumung derjenigen Nutzungsmöglichkeit, welche den größtmöglichen wirtschaftlichen Vorteil erlaube. Gleichzeitig sei jedoch zu beachten, dass die dem Vermieter bei der Fortsetzung des Mietverhältnisses entstehenden Nachteile keinen Umfang annehmen, der diejenigen Nachteile übersteigt, welche den Mietern bei Verlust der Wohnung entstünden. Eine ansonsten dem Vermieter drohende Existenzgefährdung sei zwar nicht erforderlich. Das Landgericht habe jedoch hinsichtlich der Sicherstellung von Mieteinnahmen sowie der Bedeutung der Erweiterung des Modehauses keine tatsächlichen Umstände hierzu festgestellt und lediglich den Vortrag des Vermieters berücksichtigt. Im Übrigen könnten nur Nachteile berücksichtigt werden, die dem Vermieter selbst entstünden. Das Modehaus werde nicht von ihm selbst, sondern von einer Gesellschaft betrieben. Hieran ändere auch die persönliche und wirtschaftliche Verflechtung des Vermieters mit dieser Gesellschaft nichts.

Kommentar: Das Urteil ist zu begrüßen. Hervorzuheben ist insbesondere die Klarstellung der Richter, dass eine lediglich oberflächliche und pauschale Betrachtung der Vermieterinteressen nicht genügt und ein zur Kündigung berechtigender Nachteil schon begründet ist, wenn der Eigentümer einer vermieteten Wohnung höhere Einnahmen durch einen Neubau erwarten könne. Es bedarf daher jeweils einer konkreten Feststellung erheblicher Nachteile. Zum Schutz der Mieterinteressen hat der BGH daher zu Recht die Hürden einer Verwertungskündigung recht hoch angesetzt.

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