Defekter Wärmezähler: Schätzung mit Daten aus anderem Gebäude zulässig
Erfolgt eine Heizkostenschätzung nach Wärmezählerausfall anhand von Vergleichsräumen, müssen diese zwar vergleichbar mit dem Mietobjekt hinsichtlich Größe, Nutzungsintensität sowie Bausubstanz sein, aber nicht in demselben Gebäude liegen.
Urteil vom 27. Oktober 2021 – VIII ZR 264/19
Der Vermieter forderte von der Mieterin eine Nachzahlung aus der Heizkostenabrechnung ihrer Dachgeschoss-Wohnung in Höhe von 1.000 Euro nach erfolgter Korrektur der Abrechnung. Drei Jahre nach Mietbeginn hatte der Vermieter eine Kontrolle der Wärmezähler veranlasst, nachdem die Mieterin bereits die ersten Abrechnungen beanstandet hatte. Hierbei stellte sich ein Defekt des Wärmezählers heraus. Mit Vorlage einer korrigierten Abrechnung erfolgte eine Schätzung der Verbrauchswerte anhand von Dachgeschoss-Wohnungen, die teilweise auch in anderen Gebäuden lagen. Die Mieterin hielt diese Abrechnung nicht für angemessen und weigerte sich, den Betrag zu zahlen. Das Amts- sowie auch das Landgericht Mainz hielten diese Verfahrensweise ebenso für nicht korrekt und gaben der Mieterin recht.
Die Karlsruher Richter hingegen hielten die Schätzung für begründet und bejahten den Anspruch des Vermieters. Bei einem defekten Wärmezähler besteht laut Heizkostenverordnung die Möglichkeit, eine Schätzung der Werte anhand vergleichbarer Räume vorzunehmen. Hierbei sei eine vernünftige und insoweit auch befriedende Regelung zu treffen. Es sei daher unumgänglich, dass die Vergleichsräume für die Schätzung hinsichtlich Größe, Nutzungsintensität sowie Bausubstanz mit den betroffenen Räumen vergleichbar seien. Nicht erforderlich sei es hingegen, dass die Vergleichsräume im selben Gebäude lägen. Auch sei eine für die Mieterseite mangelnde Nachprüfbarkeit des Ergebnisses kein entgegenstehendes Argument, da diese die Schätzwerte bestreiten könne. Der Vermieter habe sodann die Vergleichbarkeit zu beweisen. Erforderlichenfalls habe das Gericht ein Sachverständigengutachten einzuholen. Da das Landgericht die Vergleichbarkeit nicht geprüft hatte, verwies der BGH den Fall dorthin zurück.
Kommentar: Die Entscheidung ist bemerkenswert, zumal die angebliche Vergleichbarkeit der Objekte regelmäßig für die Mieterseite nicht ohne Weiteres feststellbar ist, da offenkundig auch recht weit von der eigenen Wohnung entfernt liegende Objekte infrage kommen. Ohnehin können die Mieter aus eigener Anschauung in der Regel nicht feststellen, ob beide Häuser hinsichtlich des Baualters und damit auch auf den energetischen Zustand vergleichbar sind. Ebenso sind eventuell bestehende unterschiedliche Haushaltsgrößen, die einen unterschiedlichen Heizbedarf erwarten lassen, normalerweise nicht bekannt. Daher ist den Mietern ein Bestreiten der Angemessenheit der Schätzgrundlage oftmals zu empfehlen.