Aufrechnung mit verjährter Schadensersatzforderung gegen Anspruch auf Rückzahlung der Kaution
Mieter:innen müssen nach Mietende oft lange auf die Kaution warten und sich möglicherweise auch nach sechs Monaten noch mit Schadensersatzansprüchen der Vermieterseite auseinandersetzen, was den Rechtsfrieden stört.
Urteil vom 10. Juli 2024 – VIII ZR 184/23
Nach Beendigung des Mietverhältnisses und Rückgabe der Wohnung am 8. November 2019 verlangte die ehemalige Mieterin die Rückzahlung der Mietkaution in Höhe von 780 Euro. Der ehemalige Vermieter legte am 20. Mai 2020 die Kautionsabrechnung vor und erklärte die Aufrechnung mit einer – strittigen – Schadensersatzforderung wegen Beschädigung der Wohnung in einer das Kautionsguthaben deutlich übersteigenden Höhe. Die Klägerin berief sich auf Verjährung der Ansprüche.
Das Amts- sowie das Landgericht gaben der ehemaligen Mieterin recht, da der Vermieter seine Forderung nicht rechtzeitig innerhalb der sechsmonatigen Verjährungsfrist nach Wohnungsübergabe geltend gemacht hat. Eine Aufrechnung mit Schadensersatzansprüchen habe aufgrund der eingetretenen Verjährung nicht mehr erfolgen können. Die Ansprüche auf Kautionsrückerstattung beziehungsweise auf Wiederherstellung wegen Beschädigung der Mietsache seien nicht gleichwertig. Es hätte zwar auch vom Vermieter alternativ ein Geldbetrag gefordert werden können, der jedoch innerhalb der Verjährungsfrist hätte geltend gemacht werden müssen.
Der BGH hob die Urteile auf und entschied zugunsten des Vermieters. Hiernach sei eine Aufrechnung mit der verjährten Schadensersatzforderung gegen den Kautionsrückzahlungsanspruch der Mieterin auch noch möglich, wenn vermieterseits die ihm zustehende sogenannte „Ersetzungsbefugnis“, das heißt, das Verlangen von Schadensersatz in Geld anstelle der Wiederherstellung der beschädigten Sache, nicht innerhalb der Verjährungsfrist ausgeübt wurde. Dies sei auch interessengerecht, da die Barkaution gerade der Sicherung der vermieterseitigen Ansprüche bei Mietende diene und insoweit auf einfache Weise die Befriedigung der Vermieterseite erfolgen könne. Die Mietvertragsparteien hätten ohnehin kein Interesse daran, dass die Geldforderung des Vermieters unbedingt bereits in der Verjährungsfrist hätte geltend gemacht werden müsse.
Kommentar: Eine problematische Entscheidung für Mieterinnen und Mieter, die nach Mietende an sich eine rasche Klärung hinsichtlich der Auskehrung der Mietkaution wünschen. Auch dient es nicht dem Rechtsfrieden, dass die Mieterseite auch mehr als sechs Monate nach dem Ende des Mietverhältnisses sich unter Umständen noch mit vermeintlich existierenden Schadenersatzansprüchen der Vermieterseite auseinanderzusetzen hat. Hier sind die Mietenden nunmehr jeweils darauf angewiesen, eine klagweise Durchsetzung ihrer Ansprüche vorzunehmen, soweit vermieterseits Teile der Kaution wegen angeblicher Schäden einbehalten werden.