#Urteile
12.12.2023

Fristlose Kündigung bei Streit zwischen Mieter und Vermieter

Eine Zerrüttung des Mietverhältnisses könne nicht allein eine fristlose Kündigung ermöglichen. Auch könne die Nähe zwischen der Vermieter- und Mieterseite in einem Haus eine Kündigung nicht rechtfertigen. Es hätte insoweit einer erheblichen Vertragsverletzung der Mieterseite bedurft, so der Bundesgerichtshof.

Cartoon zum Streit zwischen Mieter und Vermieter.

Cartoon: Carsten Lüdemann

Urteil vom 29. November 2023 – VIII ZR 211/22

Zwischen Vermieter und Mietern, die gemeinsam in einem kleinen Mehrfamilienhaus wohnen, kam es wiederholt zu Streitigkeiten über verschiedene Angelegenheiten. Den Mietern wurden die Fehlbefüllung der Mülltonnen, Lärmbeeinträchtigungen sowie die häufig zugeparkte Einfahrt vorgeworfen.
In einem auch an türkische Mitbewohner gerichteten Schreiben wurde den Mietern zudem vorgehalten, sich rassistisch über Ausländer geäußert zu haben. Nachdem der Vermieter die Mieter im Treppenhaus als „Penner“ bezeichnet und gleichzeitig lautstark darauf hinwiesen hatte, diese würden „nicht richtig putzen“, erstatteten diese Strafanzeige. Daraufhin kündigten die Vermieter fristlos, da das Mietverhältnis erkennbar „zerrüttet“ sei. Das Amts- sowie das Landgericht bejahten zwar das zerrüttete Vertragsverhältnis. Es könne jedoch nicht festgestellt werden, dass das Verhalten der Mieter ursächlich sei. Insbesondere treffe der mieterseitige Vorwurf einer offenkundig falschen Unterstellung rassistischer Äußerungen zu.
Auch der BGH bestätigte die Vorinstanzen. Hiernach hätten sich die Mieter nicht pflichtwidrig verhalten, sodass die fristlose Kündigung nicht gerechtfertigt sei. Eine Zerrüttung des Mietverhältnisses könne nicht allein eine fristlose Kündigung ermöglichen. Auch könne die Nähe zwischen der Vermieter- und Mieterseite in einem Haus eine Kündigung nicht rechtfertigen. Es hätte insoweit einer erheblichen Vertragsverletzung der Mieterseite bedurft. Der Gesetzgeber habe lediglich eine Regelung getroffen, die der Vermieterseite eine Kündigung in einem Zwei-Familienhaus, wobei eine Wohnung auch von den Vermietern bewohnt wird, ermöglicht. Diese Regelung könne jedoch nicht auf ein Mehrfamilienhaus übertragen werden.

Kommentar: Die Rechtsprechung ist zu begrüßen. Nur der Beweis eines erheblichen Vertragsverstoßes, der der Vermieterseite ein weiteres Festhalten am Vertrag nicht zumutbar erscheinen lässt, kann einen Räumungsanspruch auslösen. Es reicht nicht aus, dass ein vermeintliches Fehlverhalten durch die Mieter zum Anlass genommen wird, sich eines unliebsamen Vertragspartners zu entledigen. Eine verschuldensunabhängige Trennung ist lediglich im Familienrecht – aus gutem Grund – geregelt und strahlt daher auf andere Rechtsverhältnisse nicht aus.

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