#Urteile
22.05.2019

Gerichte müssen Härtefälle bei Eigenbedarfs-Kündigungen genauer prüfen

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in zwei Fällen von Eigenbedarf entschieden und dabei die Urteile der Vorinstanzen aufgehoben. Die Landgerichte Berlin und Halle müssen sich nunmehr präziser mit dem Vorliegen von Härtegründen auseinandersetzen. 

Urteile vom 22. Mai 2019 – VIII ZR 180/18 und VIII ZR 167/17

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in zwei Fällen von Eigenbedarf entschieden und dabei die Urteile der Vorinstanzen aufgehoben. Die Landgerichte Berlin und Halle müssen sich nunmehr präziser mit dem Vorliegen von Härtegründen auseinandersetzen. Der BGH stellt klar, dass bei Vorliegen eines ärztlichen Attests wegen einer drohenden Verschlechterung des Gesundheitszustands im Falle des erzwungenen Wohnungsverlusts des Mieters die Gerichte künftig bereits von Amts wegen ein Sachverständigengutachten einholen müssen.

In einem Fall ging es um eine 80-jährige Mieterin, die gemeinsam mit ihren zwei Söhnen in einer Berliner Mietwohnung lebt. Die neuen Eigentümer, eine vierköpfige Familie, hat Eigenbedarf für die 73 Quadratmeter große Wohnung angemeldet. Vor dem Landgericht hatten die Eigentümer keinen Erfolg, weil die Mieterin Härtegründe wie hohes Alter, Demenz, lange Wohndauer seit 1975 sowie Schwierigkeiten, eine Ersatzwohnung in einer Monopolregion wie Berlin zu beschaffen, geltend machte. Der BGH hielt zwar die Eigenbedarfskündigung für wirksam, verwies in seiner Entscheidung aber darauf, dass die Härtegründe nicht genügend geprüft worden waren. Zudem könne aus dem Umstand allein, dass die Vermieter eine bereits an eine ältere Dame vermietete Wohnung kauften, dem Erlangungsinteresse der neuen Eigentümer nicht (schematisch) weniger Bedeutung beigemessen werden. Daher müsste unter anderem von Amts wegen ein Sachverständigengutachten eingeholt werden, um genau feststellen zu lassen, an welchen Erkrankungen die Mieterin leide, wie sich ein Umzug auswirken würde und ob eine ärztliche Begleitung die Folgen des Umzugs abmildern könnte.

In dem zweiten Fall kündigte eine Vermieterin den Mietern einer Doppelhaushälfte in Halle. Die Begründung: Sie und ihr Lebenspartner benötigten den Wohnraum, um die in der Nähe wohnende pflegebedürftige Großmutter besser versorgen zu können. Das Landgericht verurteilte die Mieter zur Räumung, obwohl sich diese auf die Sozialklausel beriefen und nachweisen konnten, dass ein Umzug schwerwiegende Gesundheitsbeeinträchtigungen zur Folge hätte. Der BGH hob diese Entscheidung mit der Begründung auf, das Gericht habe den Eigennutzungswunsch der Vermieter zu pauschal bewertet, so dass es bereits an einer wirksamen Kündigung mangelt. Vielmehr hätte es vorliegend eines Zeugenbeweises und der Einholung eines Sachverständigengutachtens zu den Auswirkungen eines unfreiwilligen Umzugs auf den Gesundheitszustand des Mieters bedurft.

Kommentar: Die beiden Entscheidungen machen deutlich, wie umsichtig Eigenbedarfskündigungen geprüft, aber auch Details zu Härtegründen vorgetragen werden müssen. Allein aufgrund des Alters oder langer Wohndauer kann nicht kategorisch geschlossen werden, dass ein erzwungener Umzug dem jeweiligen Mieter nicht zugemutet werden kann, da jeder Mensch unterschiedlich auf veränderte Lebenssituationen reagiert und jeder Krankheitsverlauf einer Einzelfallbetrachtung unterzogen werden muss. Dementsprechend muss künftig beim Mietervortrag darauf geachtet werden, die genauen Umstände detailliert vorzutragen und mittels ärztlichem Attest zu belegen. Ebenfalls müssen die Begleitumstände, wie fehlende Hilfe nach einem Umzug, mangelndes Therapieangebot etc. ausreichend dargelegt werden, da diese Umstände umfassend von den Gerichten berücksichtigt werden müssen.

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