#Urteile
13.07.2012

Kündigungsschutz bei Wohnheimen

Umfassender Kündigungs- und Mieterschutz auch bei Studenten- und Wohnheimen, wenn kein an typischen Heimbelangen orientiertes Belegungskonzept, das eine Rotation nach abstrakten Kriterien vorsieht, praktiziert wird.

BGH, Urteil vom 13. Juli 2012 – VIII ZR 92/11

Der Beklagte ist seit 2004 Mieter eines Zimmers in einem Wohngebäude des klagenden Vermieters in Heidelberg. Das überwiegend von Studenten bewohnte Anwesen verfügt über 67 möblierte, etwa zwölf Quadratmeter große Zimmer, wobei Küche, Sanitäranlage und Waschräume gemeinschaftlich genutzt werden. Nachdem die Baugenehmigung zur Erstellung eines Studentenwohnheims 1972 erteilt worden war, sind 63 Wohneinheiten mit Landesmitteln für Studentenwohnheime öffentlich gefördert worden. Eine Preisbindung besteht mittlerweile nicht mehr. Nach „Reibereien“ mit dem Mieter hat der Vermieter den Mietvertrag mit einer dreimonatigen Frist zum 31. März 2009 gekündigt. Er ist der Auffassung, dass das Wohngebäude als Studentenwohnheim zu qualifizieren ist, für das ein berechtigtes Interesse des Vermieters an der Kündigung nicht erforderlich ist, weil der gesetzliche Kündigungsschutz nicht gilt.

Nachdem das Amtsgericht Heidelberg den Mieter zur Räumung und Herausgabe des Zimmers verurteilt hatte, wurde die Räumungsklage vom Landgericht Heidelberg abgewiesen. Die dagegen gerichtete Revision des Vermieters hatte keinen Erfolg. Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass der Gesetzgeber die Einschränkung des sozialen Mietrechts bei Studenten- und Jugendwohnheimen nur vor dem Hintergrund des als höher bewerteten Ziels für gerechtfertigt gehalten hat, vielen Studierenden das Wohnen in einem Studentenheim zu ermöglichen und dabei alle Bewerber gleich zu behandeln. Das Ziel kann aber nur dann erreicht werden, wenn der Vermieter in den Wohneinheiten ein an studentischen Belangen orientiertes Belegungskonzept praktiziert, das eine Rotation nach abstrakt-generellen Kriterien vorsieht. Dies muss sich mit hinreichender Deutlichkeit aus einer Satzung, einer entsprechenden Selbstbindung oder jedenfalls einer konstanten tatsächlichen Übung des Vermieters ergeben. Weil es in dem Wohnheim des Vermieters an einem derartigen Belegungskonzept fehlt, gilt für den Mieter der gesetzliche Kündigungsschutz und die Kündigung ist mangels Angabe eines erforderlichen berechtigten Interesses unwirksam.

Kommentar: Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs ist zu begrüßen. Die Bundesrichter haben nunmehr klargemacht, dass es bei der Beurteilung, ob Kündigungs- und Mieterschutz anzunehmen sind, nicht auf die Bezeichnung der Wohnstätte als Studentenheim ankommt, sondern die spezifische Nutzungs- und Belegungspraxis bei der Vermietung maßgeblich ist. Es sei daran erinnert, dass auch in Hamburg in der Vergangenheit erfinderische Vermieter mit dem Hinweis auf ein „Studentenwohnheim“ den gesetzlichen Kündigungsschutz der Mieter unterlaufen wollten. Durch die klaren Vorgaben der Bundesrichter können Bewohner von Wohnheimen, in denen die von dem Gericht aufgestellten Mindestvoraussetzungen nicht gegeben sind, aufatmen. Auch für sie ist nunmehr höchstrichterlich festgestellt, dass der Kündigungsschutz durch die Vermieter, die z. B. angesichts der angespannten Wohnungsmarktlage an einem weiteren Betrieb eines Wohnheims wenig Interesse haben und die Bewohner schnell loswerden wollen, nicht mehr nach Belieben unterlaufen werden kann.

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