#Urteile
24.11.2021

Mietminderung wegen gegenüberliegender Großbaustelle

Urteil vom 24. November 2021 – VIII ZR 258/19

Die Mieter machten eine 30-prozentige Mietminderung wegen einer direkt gegenüberliegenden Großbaustelle geltend. Auf dem Gelände befand sich zuvor lediglich eine Kleingartenanlage. Im Jahr 2017 erfolgte eine Bebauung mit vier Mehrfamilienhäusern mit jeweils sechs bis acht Vollgeschossen, Kellerräumen sowie einer Tiefgarage. Sie sahen sich nunmehr erheblichen Lärm-und Schmutzbeeinträchtigungen ausgesetzt. Vor dem Amtsgericht hatten die Mieter einen Teilerfolg und bekamen eine Minderung von 15 Prozent zugesprochen. Auch das Landgericht Berlin bestätigte diese Mietminderung mit dem Hinweis, dass das zum Zeitpunkt der Vermietung herrschende ruhige Emissionsniveau zu einer stillschweigenden Vereinbarung über diese Beschaffenheit geführt hätte.

Der BGH hingegen verneinte einen Mietmangel. Zwar habe zum Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrags Ruhe geherrscht. Die Freiheit auch von zukünftigem Baulärm dürfe jedoch nicht als stillschweigende Vereinbarung gewertet werden. Auch eine konkludente (schlüssige) Vereinbarung setze jeweils zwei übereinstimmende Willenserklärungen voraus, die vorliegend nicht ersichtlich seien. Es könne nicht einfach unterstellt werden, dass die Mieter bei Vertragsschluss den nicht vorhandenen Baulärm als positiven Standortfaktor wahrgenommen und sich allein deswegen zum Abschluss des Mietvertrags entschlossen hätten. Zudem könnten Mieter nicht erwarten, dass Vermieter eine vertragliche Haftung für den Fortbestand ruhiger „Umweltbedingungen“ übernehmen wollten, wenn hierauf erkennbar kein Einfluss genommen werden könne. Zugleich hätte das Landgericht überprüfen müssen, inwieweit die Vermieterin ihrerseits nachbarrechtliche Entschädigungsansprüche wegen des auftretenden Baulärms hätte geltend machen können. Nur bei außergewöhnlichen und insoweit erheblichen Beeinträchtigungen käme dies jedoch in Betracht und würde einen Minderungsanspruch für die betroffenen Mieter unter Umständen begründen. Gleichzeitig könne eine pauschale Minderung von 15 Prozent jedoch nicht als „typischerweise“ angemessen betrachtet werden und hätte daher anhand der vorgetragenen Beeinträchtigungen geprüft werden müssen. Deshalb erfolgte die Zurückverweisung an das Landgericht.

Kommentar: Der BGH setzt seine eher vermieterfreundliche Rechtsprechung bezüglich einer Mietminderungsmöglichkeit bei Baulärm von einer Nachbarbaustelle fort. Diese ist zwar nicht grundsätzlich ausgeschlossen, setzt jedoch erkennbar das Vorhandensein außergewöhnlicher Beeinträchtigungen und einen Entschädigungsanspruch des Vermieters gegenüber dem Nachbareigentümer voraus. Bei zulässigen Baumaßnahmen, die zu den gewöhnlichen Tageszeiten innerhalb der Woche stattfinden und daher vorschriftsgemäß erfolgen, kommt dieser Entschädigungsanspruch jedoch oftmals nicht in Betracht. Gleichwohl ist dieser Entschädigungsanspruch jedoch durch den Vermieter geltend zu machen, soweit er die Zulässigkeit einer Mietminderung infrage stellt. Den Beweis für das vermeintliche Fehlen von Abwehr- und Entschädigungsansprüchen gegenüber dem Nachbareigentümer und insoweit den Wegfall eines Mietminderungsanspruchs hat jedoch der Vermieter im Einzelfall zu erbringen.

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