#Urteile
12.09.2023

Nachvollziehbare Strafanzeige gegen Vermieter kein Kündigungs­grund

Der Bundesgerichtshof bestätigt das Urteil des Landgerichts: Mieterin darf nicht gekündigt werden, weil sie ihren Vermieter angezeigt hat.

Beschluss vom 8. August 2023 – VIII ZR 234/22

Es erfolgte eine Auseinandersetzung wegen Mängel in der Wohnung. In mehreren E-Mails beschwerte sich der Vermieter über das Verhalten der Mieterin und warf ihr „Besserwisserei“, „Penetranz“ und einen „bissigen Eifer“ vor. Nach der letzten E-Mail erfolgten auf den Namen der Mieterin Bestellungen sowie Anmeldungen bei Dating-Portalen unter Angabe ihrer E-Mail-Adresse. Die Mieterin erstattete Strafanzeige unter anderem wegen Beleidigung und äußerte den Verdacht, dass ihr Vermieter der Urheber sei und bezog sich hierbei auf die Mietstreitigkeiten und die aus ihrer Sicht beleidigenden E-Mails. Der Vermieter kündigte daraufhin der Mieterin. Vor dem Amtsgericht hatte der Vermieter Erfolg, wohingegen das Landgericht einen Kündigungsgrund verneinte.

Der BGH teilt die Auffassung des Landgerichts. Eine Strafanzeige könne zwar eine schwerwiegende Pflichtverletzung begründen. Es seien jedoch sämtliche Umstände des Einzelfalls zu beachten. Beispielsweise könne eine vorsätzlich falsche Strafanzeige einen zur Kündigung berechtigenden Umstand darstellen. Bei der Gesamtabwägung sei immer zu berücksichtigen, ob berechtigte Interessen wahrgenommen werden. Da die angezeigten Taten tatsächlich geschehen waren, habe die Mieterin berechtigte eigene Interessen wahrgenommen. Der Täter habe für die Bestellungen persönliche Daten verwendet, die nicht allgemein zugänglich waren. Daher habe es nahegelegen, den Täter im eigenen Umfeld zu vermuten, weil gleichzeitig Streitigkeiten bezüglich der Mietwohnung stattfanden. Schließlich habe die Mieterin lediglich den Verdacht geäußert und mithin einen sachgerechten Ermittlungsansatz geliefert.

Kommentar: Die Entscheidung ist zu begrüßen. Andernfalls müsste die Mieterseite immer dann die Kündigung befürchten, wenn eine plausible Strafanzeige gegen die Vermieterseite erfolgt. Ungeachtet der vorliegenden Einschränkung der eigenen Interessenlage würde dies dazu führen, dass auch unter Umständen der Einsatz für andere Personen unterbliebe, soweit mit einer Anzeige ein Wohnungsverlust in Betracht zu ziehen wäre. Darüber hinaus gehört selbstverständlich eine erkennbar nicht vorwerfbare Strafanzeige auch zu den staatsbürgerlichen Pflichten, sodass auch insoweit ein erheblicher Vertragsverstoß nicht begründet werden kann.

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