Nutzung eines Erweiterungsanbaus / Pflicht zur Mietzahlung
Der Vermieter darf Miete für tatsächlich genutzten Anbau verlangen.
BGH, Urteil vom 02. Juli 2014 – VIII ZR 298/13
Der Vermieter darf Miete für tatsächlich genutzten Anbau verlangen.
Die Mieterin bewohnte seit 1979 eine 56 Quadratmeter große Wohnung des Vermieters in Köln. Im Oktober 2010 kündigte der Vermieter schriftlich an, den im Zweiten Weltkrieg zerstörten Anbau wieder zu erstellen und im Anschluss an die Arbeiten die Nettokaltmiete zu erhöhen. Im März 2011 vereinbarten die Parteien unter anderem, dass die Mieterin der Errichtung des Anbaus zustimme. Damit sollte jedoch ihr Einwand, zur Duldung der Maßnahme nicht verpflichtet gewesen zu sein, nicht ausgeschlossen werden. Durch die Fertigstellung der Arbeiten Anfang Dezember 2011 wurde die Wohnung der Mieterin um ein Zimmer nebst Loggia (zusammen 29,25 Quadratmeter) vergrößert. Mit Schrei¬ben vom Dezember 2011 begehrte der Vermieter für den neu errichteten Teil der Wohnung ab dem 1. März 2012 monatlich 307,13 Euro. Obwohl die Mieterin die Mieterhöhung nicht leistete, nutzte sie in der Folgezeit den Anbau. Mit seiner Klage begehrte der Vermieter die Zahlung der für den Anbau zusätzlich verlangten Miete für den Zeitraum von März 2012 bis Februar 2013. Das Amtsgericht und das Landgericht Köln haben die Klage abgewiesen. Die vom Vermieter eingelegte Revision hatte Erfolg. Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass mit der Nutzung des Anbaus die Mieterin das Angebot des Vermieters auf Gebrauchsüberlassung der erweiterten Wohnfläche gegen Zahlung einer um monatlich 307,13 Euro erhöhten Nettokaltmiete konkludent angenommen hat. Eine der Mieterin – wie hier – zurechenbare objektive Bedeutung ihres Verhaltens hat aus der Sicht des Vermieters Vorrang vor einem etwa entgegenstehenden Willen der Mieterin. Dem steht auch nicht entgegen, dass die Mieterin sich vor Beginn der Maßnahmen den Einwand vorbehalten hat, zu deren Duldung nicht verpflichtet zu sein. Dahingehende Einwände hat die Mieterin nicht geltend gemacht, sondern im Gegenteil durch ihr tatsächliches Nutzungsverhalten zu verstehen gegeben, dass sie die Vergrößerung der Wohnfläche billigt. Etwaige Anhaltspunkte dafür, dass sie nach dem Zustand der Wohnung nicht umhin konnte, die zusätzliche Wohnfläche zu nutzen, sind nicht ersichtlich.
Kommentar: Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs ist problematisch. Es ist mehr als fraglich, ob die fehlende ausdrückliche Einigung der Parteien des Mietvertrags über die Vergrößerung der Mietfläche aus dem Verhalten der Mieterin konkludent angenommen werden kann. Das Gericht verkennt, dass es auch im Interesse des Vermieters liegen kann, wenn der Mieter dem Vermieter die Möglichkeit eröffnet, die Wohnung zu vergrößern, ohne dass der Mieter dafür eine höhere Miete zahlen muss. Spätestens nach einem Mieterwechsel besteht für den Vermieter die Möglichkeit, eine neue Miete unter Berücksichtigung der gesamten Wohnfläche zu verlangen. Der Bundesgerichtshof hätte der Zahlungsklage stattgeben können, ohne umständlich einen konkludenten Vertragsschluss zwischen den Parteien des Mietvertrags konstruieren zu müssen. Sachgerechter wäre es, dem Vermieter für die fragliche Zeit eine Nutzungsentschädigung in Höhe der verlangten Miete zuzubilligen. Damit wäre den Parteien des Mietvertrags der Weg eröffnet, eine konkrete vertragliche Regelung über die zusätzlichen Räume herbeizuführen.