#Urteile
12.02.2019

Trompetenspiel im Reihenhaus

Kläger und Beklagte sind Nachbarn in einem Reihenhaus. Soweit das Musizieren im Dachgeschoss erfolge, sei dies im Hause des Klägers kaum zu vernehmen und daher eine unwesentliche Beeinträchtigung, so der Bundesgerichtshof.

Urteil vom 26. Oktober 2018 – V ZR 143/17

Kläger und Beklagte sind Nachbarn in einem Reihenhaus. Der Beklagte übte als Berufsmusiker regelmäßig Trompete im Erdgeschoss sowie in dem als Proberaum genutzten Dachgeschoss circa drei Stunden täglich und unterrichtete circa zwei Stunden in der Woche. Die Mittags- und Nachtruhe wurde eingehalten. Der Kläger verlangte Maßnahmen, die eine Wahrnehmung des Trompetenspiels unterbinden würden. Während das Amtsgericht ihm Recht gab, entschied das Landgericht Augsburg, dass der Beklagte zwar nicht mehr im Erdgeschoss, jedoch im Dachgeschoss zehn Stunden wöchentlich werktags zwischen 10 und 12 Uhr sowie 15 und 19 Uhr musizieren dürfe. Gleichzeitig bestünde die Möglichkeit, acht Mal im Jahr am Wochenende zwischen 15 und 18 Uhr jeweils eine Stunde zu spielen. Die Erteilung des Musikunterrichts sei zu unterlassen. Der Bundesgerichtshof hält diese Einschränkung für nicht zulässig. Soweit das Musizieren im Dachgeschoss erfolge, sei dies im Hause des Klägers kaum zu vernehmen und daher eine unwesentliche Beeinträchtigung. Daher könnten auch weitere Zeiträume zur Verfügung stehen. Es habe jeweils eine Abwägung der Interessen des Trompeters, für den das Musizieren einen wesentlichen Teil der Lebensfreude darstelle, sowie des berechtigten Interesses der Nachbarn an Ruhe und Erholung zu erfolgen. Eine pauschale zeitliche Begrenzung der grundrechtlich garantierten Persönlichkeitsentfaltung sei nicht angezeigt. Hierbei komme es auch nicht darauf an, ob der Trompeter seinem Hobby nachgehe oder Berufsmusiker sei. Als Richtwert für den zeitlichen Rahmen käme in etwa werktags ein Zeitraum bis zu drei Stunden sowie circa zwei Stunden an Sonn- und Feiertagen in Betracht. Hierbei sei zu beachten, inwieweit durch den erteilten Unterricht eine Belastung zu erwarten sei. Insoweit habe das Landgericht zu klären, was ein „verständiger Durchschnittsmensch“ unter Berücksichtigung der Umstände vor Ort an täglicher Musik verkraften könne und müsse.

Kommentar: Es handelt sich vorliegend um eine Einzelfallentscheidung. Zwar können Musiker aufatmen, dass beispielsweise auch Trompetespielen in einem Reihenhaus möglich und vom Nachbarn zu dulden ist. Ein Anspruch, dass keine Laute in die eigenen vier Wände dringen, existiert nicht. Gleichzeitig sind die konkreten Umstände jeweils unter Berücksichtigung der baulichen Gegebenheiten vor Ort und mithin die tatsächlich auftretenden Beeinträchtigungen im Einzelfall zu klären. Daher werden die Gerichte für Mehrfamilienhäuser beziehungsweise bei ungenügendem Lärmschutz zum Beispiel im Altbau zu größeren zeitlichen Einschränkungen des Musizierens gelangen.

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